„Das ist gut für die freien Radikale.“ – eine Floskel, die durchaus im landläufigen Sprachgebrauch anzutreffen ist. Doch was steckt wissenschaftlich hinter dieser Aussage und gibt es auch etwas oder jemanden, der diese Radikale einfängt? Ja, diese Stoffe nennt man Antioxidantien. Es gibt einerseits natürliche Antioxidantien wie beispielsweiseVitamine. Zusätzlich dazu existieren Stoffe die indirekt, also über ein oder mehrere andere Moleküle hinweg, einen antioxidativen Effekt haben:Nrf2-Aktivatoren. Als potentes, breit wirksames Antioxidans rücktResveratrolin den Fokus.
Bevor wir in die Untiefen der funktionellen Moleküle eindringen schauen wir uns einmal an, was ein Antioxidans überhaupt ist. Im Expertenwortlaut lautet die Definition wie folgt: „Antioxidantien sind chemische Verbindungen, die die Oxidation von anderen Substanzen verlangsamen oder gänzlich verhindern.“ Leider hilft das einer fachfremden Person erstmal überhaupt nicht weiter. Es geht aber auch verständlich.
Der Begriff Antioxidantien
Ein Antioxidans ist erstmal „anti“ – also irgendwem oder irgendwas gegenüber negativ eingestellt. Wemgegenüber, das verrät uns der zweite Wortbestandteil -oxidans. Dieser steht für Sauerstoffradikale. Das sind Moleküle, die Sauerstoff beinhalten und im Kontext unseres Körpers sehr „reaktiv“ sind. Das bedeutet, dass diese Moleküle aufgrund ihrer chemischen Ausstattung sehr gerne eine Bindung mit einem anderen Molekül eingehen möchten – allerdings egal, ob diese sich schon in einer Bindung befinden oder nicht. Ganz nach dem Motto „koste es was es wolle“, besitzen diese Radikale die Eigenschaft bestehende Bindungen sprengen zu können, was naturgemäß einen Schaden anrichtet. In etwa wie der Bad Boy, der dem Gentleman die Frau ausspannen möchte. Für solche Situationen hat der Körper Antioxidantien, die diese Radikale binden und damit unschädlich machen.
Zu den klassischen Antioxidantien werden unter anderem Vitamin A, Vitamin C und Vitamin E, sowie Beta-Caroten und Selen gezählt. Der Markt für diese Vitamine als Nahrungsergänzungsmittel ist riesig. Ebenso groß war allerdings die Enttäuschung als Studien an großen Populationen betrachtet wurden. Forscherinnen und Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass es keinen Hinweis gibt, dass gesunde Menschen irgendeinen Vorteil von der Einnahme von antioxidativen Vitaminen haben. Im Gegenteil: Es zeigten sich mitunter auch negative Effekte. Es ist also nicht alles Gold, was glänzt.
Resveratrol und das französische Paradoxon
Nun wollen wir ein vielversprechendes Antioxidans etwas genauer unter die Lupe nehmen:Resveratrol. Diese Substanz ist vielen Menschen im Zusammenhang mit dem „Französischen Paradoxon“ ein Begriff: Franzosen leben trotz Alkohol- und Fettkonsums länger als Deutsche oder Amerikaner. Die Häufigkeit von Herzinfarkten ist lediglich ein Drittel so hoch wie in den USA. Alles wegen Resveratrol? Unter Medizinern herrscht über die Existenz dieses Paradoxons jedenfalls keine Einigkeit.
Nichtsdestotrotz wurden in zahlreichen Studien für Resveratrol viele positive Wirkungen beschrieben. In Tiermodellen zeigte sich eine dosisabhängig krebshemmende Wirkung und generell ein chemoprotektiver Effekt. Ebenso konnte in Zellkulturen ein positiver Effekt auf Herzzellen und ein modulierender Effekt auf den Fettstoffwechsel nachgewiesen werden. In hohen Konzentrationen zeigte eine Studie eine Absenkung des systolischen Blutdrucks. Die Liste der positiven Effekte von Resveratrol auf die Gesundheit ist noch länger. Das – über die Zeit – relativ breit erforschte Molekül hat seine natürlichen Vorkommen vor allem in roten Weintrauben. Darüberhinaus vermochte es Resveratrol in Tiermodellen auch Nrf2 zu aktivieren. Damit sind wir auch schon bei den indirekten Antioxidantien.
Was ist ein Transkriptionsfaktor?
Nrf2 ist ein Transkriptionsfaktor. Um diesen Begriff etwas verständlicher werden zu lassen hier ein kleiner Exkurs:
Die DNA ist der Bauplan für unseren Körper. Dieser Bauplan hat eine Menge unterschiedlicher Kapitel bzw. Abschnitte, die in der Biologie als Gene bezeichnet werden. Diese Gene beinhalten „Rezepte“ für Proteine und andere Moleküle, die für einen funktionierenden Haushalt im Körper benötigt werden. Möchte der Körper ein Protein erzeugen, dann muss das Rezept vorher „abgeschrieben“ bzw. im Fachjargon transkribiert werden. Hier kommen die Transkriptionsfaktoren ins Spiel. Ein Transkriptionsfaktor ist grundsätzlich ein Faktor, der sich positiv oder negativ auf das „Abschreiben“ auswirken kann. Nrf2 reguliert auf diese Weise über 300 Gene, die in die Modulation von Entzündungen und oxidativem Stress involviert sind. Der Transkriptionsfaktor spielt eine zentrale Rolle in der Induktion von zellschützenden Genen als Antwort auf oxidativen Stress – sorgt also für den Regenschirm, wenn es einmal ordentlichen Niederschlag gibt. Ein wahrer Freund und Helfer.
Xenobiotika – eine oder keine Wirkung?
Nrf2 kann von gewissen Stoffen aktiviert werden.Resveratrolaus der Weintraube als potenten Nrf2-Aktivator haben wir schon kennengelernt. Bei manchen anderen Stoffen spricht die Medizin von Xenobiotika. Das Wort kommt aus dem Griechischen und bedeutet „dem Leben fremde Stoffe“. Im Allgemeinen handelt es sich dabei um Substanzen, die natürlichen Ökosystemen, also auch dem Körper, fremd sind und meist chemisch hergestellt werden. Diese Xenobiotika können eine negative, gar keine oder eine positive Wirkung auf unseren Organismus haben.Sulforaphanist ein Xenobiotikum mit positiver Wirkung auf den Körper. Dieser Effekt entsteht durch die Aktivierung von Nrf2. Damit wirkt das Molekül, mit natürlichem Vorkommen in Brokkoli und Kohl, indirekt als starkes Antioxidans. In Zellkulturen und in Tierversuchen konnte Sulforaphan eine hemmende Wirkung auf gewisse Tumorzellen demonstrieren und den Effekt von einzelnen Chemotherapien verstärken. Das Xenobiotikum wird ob seiner vielversprechenden Auswirkungen intensiv beforscht.
Ein Hoch auf die Beziehungspolizei
Die Überlegung, Radikalfänger und damit Antioxidantien, mengen- und aktivitätsmäßig zu unterstützen erscheint also durchaus logisch. Wir haben gelernt, dass gewisse Unterstützerstoffe durchaus in alltäglichen Nahrungsmitteln vorkommen. Da gibt es jedoch ein Aber: Die Menge an Wein, die wir trinken müssten, um eine klinisch adäquate Menge Resveratrol aufzunehmen, beläuft sich auf dutzende Liter. Zum Glück ist es möglich diese Moleküle zu isolieren und so die notwendigen Mengen zu sich zu nehmen.
Quellen
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