Mittlerweile sind deutsche Frauen bei der Geburt ihres ersten Kindes mit durchschnittlich 30 Jahren ungefähr fünfeinhalb Jahre älter als noch vor 50 Jahren. Das stellt die Medizin vor gänzlich neue Probleme bezüglich Themen wie erfolgreicher Schwangerschaft, Fruchtbarkeit und Familienplanung. Denn eine erfolgreiche Schwangerschaft ist vor allem von der Eizellenqualität abhängig und ausgerechnet die nimmt mit zunehmendem Alter ab. So sinkt die Fruchtbarkeit auf der einen und Schwangerschaftsabbrüche sowie die Wahrscheinlichkeit von kongenitalen Anomalien steigen auf der anderen Seite. Trotz der hohen Nachfrage, bleibt eine wirklich effektive nicht-invasive („nicht eindringend”) Therapie bis dato aus. Aus diesem Grund schauen wir uns nun genauer an, ob und wie NMN die Fruchtbarkeit verbessern kann.
In dieser Studie zeigen Bertoldo et al., dass diese nachlassende Eizellenqualität von stagnierenden NAD+ (Nicotinamid Adenin Dinukleotid) Spiegeln begleitet wird und wie gerade dieser Punkt einen potenziellen Therapieansatz durch den NAD+-Vorläufer NMN (Nicotinamid Mononukleotid) verspricht.
Wieso lässt die Qualität der Eizellen im Alter nach?
Die meisten Gewebetypen werden kontinuierlich durch unsere Stammzellen repariert. Bei den Eizellen verhält es sich ein bisschen anders. Sie werden bereits während der menschlichen Entwicklung im Mutterleib hergestellt, woraufhin ein endlicher Pool an Eizellen zur Verfügung steht, der nicht mehr erneuert wird. Es liegt also nahe, dass dieser unverzichtbare Zelltyp über die Jahre besonders anfällig für Fehlfunktionen ist.
Wie hoch sind die NAD+-Spiegel in den Eizellen?
Für die Untersuchungen wurden Mäuse, deren Fruchtbarkeit mit ungefähr 8 Monaten auf ähnliche Art und Weise wie beim Menschen abnimmt, in drei Gruppen aufgeteilt:
- Junge Mäuse (4-5 Wochen alt)
- Alte Mäuse (12 Monate alt)
- Alte Mäuse mit NMN (12 Monate alt)
Um die NAD+-Spiegel der Eizellen zu messen griffen die Forscher zu der hyperspektralen Mikroskopie-Bildgebung, die sich die Autofluoreszenz von NADH und NADPH zunutze macht.
Die 12-Monate alten Mäuse wurden mit NMN-versetztem Trinkwasser (2 g/l) für vier Wochen behandelt. Anschließend wurden die Eizellen per hyperspektraler Mikroskopie-Bildgebung untersucht und gruppenübergreifend verglichen.
Ergebnisse der NMN Supplementation
Es zeigte sich ein deutlich verringerter NAD+-Spiegel bei den alten Mäusen. Gleichzeitig aber ein erhöhter NAD+-Spiegel bei den alten mit NMN behandelten Mäusen. (sh. Abb.)
Soweit so gut, aber unterstützen hohe NAD+-Spiegel wirklich die Fruchtbarkeit?
Um dieser Frage nachzugehen wurden 14-Monate alte Mäuse mit NMN-versetztem Trinkwasser behandelt. Eine Gruppe mit 2 g/l und die andere mit 0,5 g/l. Die Kontrollgruppe musste sich mit herkömmlichem Wasser zufriedengeben.
Die Behandlung mit dem NAD+-Vorläufer NMN führte hierbei zu einer deutlichen Verbesserung der Eizellenqualität und wiedererlangter Fertilität. Weiters übertrugen sich die Befunde auf die Entwicklung des Embryos, wobei sich die negativen Auswirkungen eines hohen Schwangerschaftsalters aufhoben (nur bei 0,5 g/l).
Weitere Ergebnisse der Behandlung mit NMN:
- Es machte scheinbar einen Unterschied wie lange die Mäuse mit NMN behandelt wurden. Die Mäuse, die hierbei am längsten behandelt wurden, zeigten auch die besten Ergebnisse.
- Es konnte kein negativer Effekt der NMN-Supplementation bei Muttertier und Nachkommen festgestellt werden.
Diskussion
Erstaunlicherweise zeigten sich die Verbesserungen bei Schwangerschaft und Geburt nur bei der „niedrigdosierten“ 0,5g/l Gruppe. Diese Befunde deuten auf eine optimale Dosierung von NMN hin und zeigen, dass hochdosiertes NMN zwar die Eizellenqualität verbessert, nicht aber den Schwangerschafts-Outcome. Laut den Autoren könnte dies an einem bis dato nicht bekanntem Oberlimit der NMN-Verträglichkeit oder zu hohen Spiegeln von NMN-Metaboliten wie Nicotinamid liegen. In der richtigen Dosierung, könnte NMN also durchaus die Fruchtbarkeit verbessern.
Alles in allem könnte die Behandlung mit NAD+-Vorläufern in Zukunft eine spannende non-invasive Therapiemöglichkeit für Frauen mit hohem reproduktiven Alter sein. Um diese Annahmen zu bestätigen und zu bewerten, sind weitere prospektive Studien nötig. Ausschließlich wissenschaftliche Erkenntnisse von Forschungen am Menschen ermöglichen konkrete Rückschlüsse auf den humanen Nutzen.
Quellen
Literatur
Bertoldo, M. J., Listijono, D. R., Ho, W. J., Riepsamen, A. H., Goss, D. M., Richani, D., Jin, X. L., Mahbub, S., Campbell, J. M., Habibalahi, A., Loh, W. N., Youngson, N. A., Maniam, J., Wong, A., Selesniemi, K., Bustamante, S., Li, C., Zhao, Y., Marinova, M. B., Kim, L. J., … Wu, L. E. (2020). NAD+Repletion Rescues Female Fertility during Reproductive Aging.Cell reports,30(6), 1670–1681.e7.https://doi.org/10.1016/j.celrep.2020.01.058
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