Im Jahr 2017 wurde der Nobelpreis für Medizin und Physiologie an drei Chronobiologen vergeben, die sich mit den molekularen Mechanismen der zirkadianen Rhythmik beschäftigten. Jeffrey C. Hall, Michael Rosbash und Michael W. Young sicherten sich mit Forschungsergebnissen aus den Jahren 1984 und 1994 die prestigeträchtige Auszeichnung.
Das klingt erstmal nach Stoff für Günther Jauch und „Wer wird Millionär“. Im folgenden Text wird jedoch erläutert, inwieweit diese Thematik jeden Menschen beschäftigt und wie du mit einem einfachen Hilfsmittel Kontrolle in deine zirkadiane Rhythmik bringen kannst und welche Rolle Blaulichtfilter spielen.
Innere Uhr – der zirkadiane Rhythmus
Der zirkadiane Rhythmus meint unsere innere Uhr und damit alle Vorgänge, die uns in einem Rhythmus von 24 Stunden halten (zirkadian = ca. einen Tag). Hierbei spielen Vorgänge wie Essgewohnheiten, Körpertemperatur, Schlafverhalten und Hormonregulation eine wichtige Rolle. Allen voran die Ausschüttung des Hormons Melatonin aus der Zirbeldrüse ist maßgeblich an der Schlaf-Wach Regulation beteiligt. Die Effekte unseres Tagesrhythmus sind evolutionär in uns verankert und boten über Jahrmillionen hinweg einen Überlebensvorteil durch eine permanente Anpassung an äußere Lebensumstände.
Licht und der Melatoninspiegel
Unser Körper ist ausgezeichnet in der Lage auf Licht zu reagieren. Wenn es dunkler wird, wird vermehrt Melatonin ausgeschüttet, welches den Schlaf fördert und uns in der Folge müde macht. Das merkst du besonders gut, wenn sich die Jahreszeit von einem langen hellen Tag hin zu einem kurzen dunklen Tag verändert. In der Herbst- und Winterzeit fühlst du dich sicherlich häufiger müde als im Sommer, was sich physiologisch einfach erklären lässt: dein Körper schüttet früher Melatonin aus.
Ein anderes Beispiel ist der Jetlag nach einer langen Flugreise mit einem Wechsel der Zeitzonen. Auch hier spielt die innere Uhr eine wichtige Rolle. Durch die verschobene Zeit wird der Körper entweder durch längere Lichteinwirkungen „unnatürlich“ wachgehalten, oder es wird eben früher Melatonin ausgeschüttet, weil es vor Ort schon dunkel ist.
Steigende Bildschirmzeit
Laut einer Umfrage aus den USA, schauen erwachsene Amerikanerinnen und Amerikaner knapp elf Stunden am Tag auf einen Bildschirm. In Deutschland sind es laut einer Bitkom Umfrage derzeit etwa zehn Stunden.
Wieso erzählen wir dir das? Durch die vermehrten digitalen Arbeiten hat sich bei vielen Menschen die Bildschirmzeit in den letzten Jahrzehnten drastisch erhöht. Die Corona-Pandemie hat diesen Trend zusätzlich stark beschleunigt. Diese Erhöhung hat auch Auswirkungen auf das Leben, die nicht direkt nachvollziehbar sind. So wirkt sich das Bildschirmlicht auf deinen zirkadianen Rhythmus aus und du wirst auf unnatürliche Weise länger wachgehalten. Der Grund dafür ist die verspätete bzw. verringerte Ausschüttung von Melatonin.
Wieso hält blaues Licht vom Schlafen ab?
Wie anfangs erklärt, reagiert unser Körper sehr sensibel auf die äußeren Lichtverhältnisse. Licht besteht aus einem Spektrum verschiedener Lichtfarben, die sich gesammelt als weißes Licht zeigen: Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau und Violett. Dunklere Farben wie Blau und Violett haben eine kurze Wellenlänge (nm) bei gleichzeitig hoher Energie (eV): Blau 430-490 nm mit etwa 2,65 eV und Violett 380-430 nm mit etwa 3,1 eV. Orange hingegen hat eine lange Wellenlänge von 600-640nm und geringere Energie von etwa 2 eV.
Die kurze Wellenlänge und hohe Energie machen es dem Licht leichter in unsere Augen über Hornhaut und Linse einzudringen und somit eine körperliche Reaktion zu erzeugen. Das energiereiche blaue Licht minimiert in der Folge unsere natürliche Melatoninausschüttung. Blaues Licht findet sich aber auch ganz normal im Tageslicht und hat hier physiologische Auswirkungen auf den Körper. Untertags sollen wir schließlich wach sein und bleiben.
Bei Bildschirmen jeglicher Art ist der Anteil des blauen Lichts in der Regel deutlich höher. Je länger du am Abend auf Bildschirme schaust, sei es dein Smartphone oder dein Fernseher, desto länger wird auch die Ausschüttung von Melatonin gehemmt. Dies führt dazu, dass du weniger gut einschlafen kannst. Und wie du bereits gelernt hast, ist Schlaf das effizienteste und günstigste Anti-Aging Programm.
Was hast du nun für Möglichkeiten, wenn du am Abend noch Bildschirmarbeit erledigen musst oder du noch einen Film mit Freunden sehen willst?
Technische Abhilfe – die Blaulichtfilter-Brille
Als ein sehr nützliches Hilfsmittel haben sich Blaulichtfilter-Brillen herausgestellt. Diese sind, je nach Filter, in der Lage, das blaue Licht in unterschiedlichem Ausmaß zu blockieren. Sie sorgen somit dafür, dass deine Melatoninausschüttung nicht so stark gehemmt wird. Die Wirkungen sind auch wissenschaftlich belegt.
Eine Studie mit College Studenten testete die tatsächliche Effektivität der Blaulichtfilter anhand von drei verschiedenen Gruppen, die alle am Abend vor einem Monitor saßen. Eine Gruppe saß ohne Brille vor dem Monitor, eine mit einer Blaulichtfilter Brille und eine dritte Gruppe mit einer Brille, die oranges Licht blockiert. In allen Gruppen wurde mittels Speicheltest das Melatoninlevel bestimmt. Die Ergebnisse waren wegweisend. Die Gruppe, die nur blauem Licht ausgesetzt war, hatte das niedrigste Level an Melatonin und die Gruppe mit dem Blaulichtfilter den höchsten Melatoninspiegel.
Andere Studien untersuchten den Effekt vom blauen Licht am Morgen und kamen hier ebenfalls zu einem Ergebnis, welches die Theorie untermauert. Blaues Licht am Morgen macht wacher, was die getesteten Personen auch subjektiv wahrnehmen konnten. Um am Morgen also leichter in die Gänge zu kommen, erweisen sich Tageslichtlampen als hilfreich.
Des Weiteren kam eine New Yorker Studie mit Blaulichtfiltern zu einem Ergebnis bei Menschen, die unter Schlafstörungen litten: es verbesserten sich Schlaflosigkeit und Lebensqualität und das Stresslevel nahm ab.
So trägst du deine Blaulichtfilter-Brille richtig
Für eine natürliche Melatoninausschüttung und damit einem guten Schlaf, empfiehlt es sich eine solche Blaulichtfilter Brille zu tragen, sobald es auch draußen dunkel wird. So wird der zirkadiane Rhythmus nicht gestört und du kannst am nächsten Morgen erholt und gesund aufstehen.
Im Internet gibt es mittlerweile eine erdrückende Auswahl von Blaulichtfilter-Brillen. Zu unterscheiden sind dabei die unterschiedlichen Filterstufen. Eine Brille, die mehr als 99% des blauen Lichtes blockt, hat eine deutlich größere Auswirkung auf die Melatoninausschüttung als eine, die nur 20% blockt.
Wenn du bereits eine optische Brille trägst, dann könnte ein sogenannter Clip-On eine kosteneffiziente Lösung sein. Diesen kannst du ganz unkompliziert auf deine bestehende Brille stecken. Alternativ werden im Fachhandel auch optische Brillen mit integriertem Blaulichtfilter angeboten.
Blaulichtfilter-Brillen von PhotonPro
Persönlich getestet haben wir die Modelle BERLIN NIGHT und NEW YORK NIGHTvom deutschen Anbieter PhotonPro. Die Brillen werden in einem sparsamen Karton sehr rasch per Post nach Hause geliefert. Im Lieferumfang enthalten ist ein schönes Etui, die Brille in einer zusätzlichen Schutzhülle aus Plastik und ein gebrandetes Putztuch.
Testfazit: Neben einem subjektiv besseren Schlaf hatten wir das Gefühl, dass die Augen bei späten Bildschirmarbeiten nicht so sehr beansprucht werden. Außerdem waren trockene Augen deutlich weniger auf Befeuchtung angewiesen als ohne Blaulichtfilter. Ein Nachteil ist jedenfalls die starke Orange-Färbung des Bildes. Was bei Arbeiten mit Office-Programmen eher nebensächlich ist, kann die Qualität eines Filmabends durchaus einschränken. Hier bieten sich alternative Brillen mit niedrigerer Filterwirkung an.
Quellen
Literatur:
https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Zwei-Jahre-Corona
„Schlaflos mit Blaulicht“, Prof. Dr. Dr. Spitzer, Universitätsklinikum Ulm
https://gmj.sljol.info/article/10.4038/gmj.v11i1.1115
https://utheses.univie.ac.at/detail/52572#
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32658494
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