Sojamilch, Sojaschnitzel, Sojajoghurt, Sojawurst – Soja ist als pflanzliche Alternative zu tierischen Produkten immer mehr auf dem Vormarsch und das auch nicht immer so offensichtlich wie man meinen möchte. Denn auch hinter Tofu, Tempeh und Miso steckt die Hülsenfrucht. Das Produkt, welches bei uns seit einigen Jahren vermehrt Einzug in die Lebensmittelregale hält und auch als Tierfutter und durch seinen ökologischen Fußabdruck immer wieder im Rampenlicht steht, ist in einigen Küchen des asiatischen Raums schon seit Jahrtausenden vertreten – siehe die berühmte Sojasoße, die es in so vielen verschiedenen Sorten gibt, dass man schnell den Überblick verliert. Aber was ist Soja überhaupt, wie wird es verarbeitet, wie wirkt es sich auf unsere Gesundheit und insbesondere auf unsere Langlebigkeit aus?
Herkunft fernab von Europa
Soja ist eine Pflanze aus der Familie der Hülsenfrüchtler. Sie wächst je nach Art bis zu 180 cm hoch und entwickelt Hülsenfrüchte. Kennst du Edamame, das grüne bohnenartige Gericht, das gesalzen oft als kleine Vorspeise in japanischen Restaurants serviert wird? Dabei handelt es sich um unreife Sojabohnen. Die reifen Sojabohnen haben später eine etwas dunklere gelbe bis braune Farbe.
Die Inhaltsstoffe verschiedener Sojaprodukte variieren stark, je nach Anbau- und Verarbeitungsweise. Oft konsumieren wir Soja als fermentiertes Produkt in Form von Tempeh, Sojasoße oder Miso. Bei der Fermentation wird die Sojabohne durch Mikroorganismen vergärt. Dadurch entsteht eine andere Zusammensetzung der Inhaltsstoffe, charakteristische Geschmäcker und besondere Konsistenzen. Sojaprodukte werden durch sehr verschiedene Mikroorganismen vergärt – die Inhaltsstoffe des Fermentationsproduktes Natto (enthält das Enzym Nattokinase, welches ein potentieller Kandidat in der Longevity Forschung ist) sind also nicht mit Tempeh vergleichbar. Außerdem variiert das Eiweißprofil von Soja stark je nach Sorte und Nahrungsmittel, weshalb viele Untersuchungen mit reinem Sojaprotein durchgeführt werden. Bei der Ernährung ist es allerdings wichtig, auch die Wechselwirkungen zwischen den Inhaltsstoffen und die Zubereitungsart mitzubeachten, deshalb sind Studien mit reinem Sojaprotein nicht repräsentativ für sojareiche Ernährung. Werfen wir dennoch einen Blick auf die Inhaltsstoffe der Hülsenfrucht.
Soja als Eiweißlieferant
Kennst du Soja als beliebte Eiweißquelle? Gut möglich, denn Soja hat mit über 30 % den höchsten Anteil an pflanzlichen Proteinen und deckt so auch alle essentiellen Aminosäuren ab. Und damit nicht genug, kommt die Qualität der Proteine der von tierischen Proteinen sehr nah und ist im Vergleich zu anderen pflanzlichen Eiweißquellen am ausgewogensten. Wenn du also Soja als pflanzliche Proteinquelle nutzen möchtest, ist das eine sehr gute Entscheidung, denn so besteht kein Bedarf mehr, einzelne Aminosäuren zu supplementieren.
Fette
Mit ca. 15 % Fett mag die Sojabohne erstmal recht fettig klingen. Allerdings lohnt es sich, bei den Fetten genauer hinzuschauen, denn es kommt ganz darauf an, welche Fette genau enthalten sind. Der größte Teil sind mehrfach ungesättigte Fette und sowohl mit den gesättigten als auch den ungesättigten Fettsäuren deckt die Hülsenfrucht alle essentiellen Fette ab. Soja ist also nicht nur ein toller Lieferant für das Gros der Aminosäuren, sondern auch für die wichtigen Fettsäuren.
Kohlenhydrate
Dass Soja als Fitnessnahrungsmittel so beliebt ist, liegt wohl nicht nur am hohen Proteinanteil, sondern auch an der geringen Menge an Kohlenhydraten. Denn mit nur ca. 14 % ist dieser Anteil sehr niedrig. Außerdem sind die Kohlenhydrate in Soja langkettig – sogenannte Oligosaccharide. Der Vorteil von Oligosacchariden liegt darin, dass sie nicht ganz so schnell vom Körper umgesetzt werden und sich deshalb nicht so stark auf den Blutzuckerspiegel auswirken. Allerdings werden sie zum größten Teil erst im Darm von den dortigen Bakterien umgesetzt, was zur Entstehung von Gasen führt.
Sojaprodukte führen also automatisch zu Flatulenzen? – Nein, ganz so einfach ist es nicht. Denn die Arbeit, die deine Darmbakterien zum Abbau der Kohlenhydrate leisten, wird bei den meisten Sojaprodukten schon vorher von anderen Bakterien oder Verarbeitungsmechanismen erledigt. Es kommt also sehr auf das Sojaprodukt und die Verarbeitungsweise an.
Isoflavone
Soja ist bekannt für die Inhaltsstoffe aus der Gruppe der Isoflavone. Isoflavone sind Stoffe, die in der Pflanze selbst zum Beispiel als Abwehr von Schädlingen produziert werden. Daidzein ist ein Isoflavon, das im Darm zu Equol verstoffwechselt werden kann. Die Verarbeitung des Isoflavons erfolgt durch bestimmte Bakterien, die nur im Darm von 50-60 % asiatischer Menschen und bei 30-40 % der Menschen aus nicht-asiatischem Raum vorkommen. Vielleicht hast du mal etwas von den Telomeren und deren Zusammenhang mit Gesundheit und Altern gehört? Laut einer Studie aus dem Jahr 2017 kann durch Equol die Telomerlänge in Hautzellen verlängert werden. Equol wirkt außerdem als starkes Antioxidans. Antioxidantien schützen Zellen und damit unseren ganzen Körper vor schneller Alterung und leisten damit einen Beitrag zu einer gesunden Lebensweise.
Hast du schon einmal davon gehört, dass Soja Östrogen enthalten soll und Männer deshalb lieber darauf verzichten sollen? Dies ist ein Mythos, der sich wacker hält, jedoch alles andere als richtig ist. Aber irgendwoher muss diese Halbwahrheit ja kommen, denn: Einige Isoflavone des Sojas haben eine ähnliche Struktur wie Östrogen – sie sind sogenannte Phytohormone, also Hormone der Pflanzen. Durch die strukturelle Ähnlichkeit zum Östrogen können sie aber auch an menschliche Östrogenrezeptoren binden. Die Sorge, dass der Konsum von Sojaprodukten zu einer erhöhten Aktivität der Östrogenrezeptormechanismen führt und dadurch östrogenähnliche Effekte auftreten, ist aber unbegründet. Denn wie es mit vielen Produkten ist, macht erst die Dosis das Gift und die Menge der Phytoöstrogene in Soja ist vergleichsweise gering. Bei Menschen mit hohem Sojakonsum sinkt sogar das Risiko für Krebserkrankungen (mehr dazu im Abschnitt Krebsrisiko).
Auswirkungen von Soja auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Die Auswirkungen von sojareicher Ernährung auf das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist umstritten. Zum einen sind Ernährungsstudien in diesem Feld sehr schwierig durchzuführen, zum anderen sind viele Menschen mit sojareicher Ernährung Vegetarier*innen oder Veganer*innen. Somit fällt also nicht nur der Effekt von Soja, sondern auch der Effekt der fehlenden tierischen Produkte ins Gewicht. Einige Studien gehen allerdings davon aus, dass der Verzehr von Sojaprodukten das Risiko auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch die Senkung des LDL-Cholesterinspiegels und den blutdrucksenkenden Effekt verringert. Das wird durch eine Metastudie aus dem Jahr 2019 untermauert, wo der Verzehr von Soja die Gesamtmortalität und das Sterberisiko an Herz-Kreislauf-Erkrankungen herabsetzte.
Soja und das Krebsrisiko
Schaut man sich die Raten von Brustkrebs in sojakonsumierenden Ländern im Vergleich zu westlichen Ländern an, ist das Risiko in letzteren deutlich höher. Richtig, das mag nicht nur an Soja, sondern auch an diversen anderen Ernährungs- und Lebensumständen liegen. Trotzdem werden auf Basis dieser Informationen immer wieder Untersuchungen über die Auswirkungen von Soja auf Brustkrebs und andere Krebsarten durchgeführt. Eine Metastudie aus dem Jahr 2019 fasste diese zusammen und kam zu dem Schluss, dass Soja das Krebsrisiko zwar nicht signifikant vermindert, es aber keinesfalls erhöht. Außerdem wurden in der Metastudie auch Studien mit Soja-Isoflavonen analysiert. Laut dieser ist das Risiko an Brust- und Prostatakrebs zu sterben bei einer Supplementierung von Soja-Isoflavonen deutlich verringert.
Quo vadis?
Die Studienergebnisse, ob Soja das Risiko für gewisse Erkrankungen senkt, sind zwar ambivalent, jedoch gibt es keine veröffentlichten Untersuchungen, dass Soja bei normaler Verzehrmenge eine negative Auswirkungen hat. Ganz im Gegenteil! Es gibt Belege dafür, dass Soja sehr positive Effekte auf unsere Gesundheit und Langlebigkeit hat. Betrachtet man Soja unter dem Aspekt der Nährstoffe, handelt es sich zweifelsohne um eine hervorragende Möglichkeit, viele Bedürfnisse abzudecken und dabei durch die Vielfalt der Sojaprodukte auch nicht in einfältige Ernährungsweisen zu verfallen.
Quellen
Literatur:
Cao, Z. H., Green-Johnson, J. M., Buckley, N. D., & Lin, Q. Y. (2019). Bioactivity of soy-based fermented foods: A review. In Biotechnology Advances (Vol. 37, Issue 1, pp. 223–238). Elsevier Inc. Link
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Nachvak, S. M., Moradi, S., Anjom-shoae, J., Rahmani, J., Nasiri, M., Maleki, V., & Sadeghi, O. (2019). Soy, Soy Isoflavones, and Protein Intake in Relation to Mortality from All Causes, Cancers, and Cardiovascular Diseases: A Systematic Review and Dose–Response Meta-Analysis of Prospective Cohort Studies. Journal of the Academy of Nutrition and Dietetics, 119(9), 1483-1500.e17. Link
Nakai, S., Fujita, M., & Kamei, Y. (2020). Health Promotion Effects of Soy Isoflavones. In J Nutr Sci Vitaminol (Vol. 66).
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