Das Epigenom umfasst eine Vielzahl von epigenetischen Markierungen und Modifikationen, die auf der DNA und den umgebenden Histonen auftreten und die Genexpression regulieren, ohne die DNA-Sequenz selbst zu verändern. Somit kann eine Herz- von einer Nierenzelle unterschieden werden, auch wenn beide das gleiche Erbgut besitzen. Es handelt sich um ein dynamisches und hochkomplexes Regulationssystem, das die Genaktivität steuert und damit die Zelldifferenzierung, Entwicklung und Anpassung an Umweltreize beeinflusst. Als Analogie kannst du dir vorstellen, dass rund um die DNA verschiedene Lautstärkeregler platziert sind, die Gene leiser (inaktiv) oder lauter (aktiv) stellen.
Wie ist das Epigenom aufgebaut?
Das Epigenom besteht aus verschiedenen epigenetischen Markierungen, darunter DNA-Methylierung, posttranslationale Modifikationen der Histone und nicht-kodierende RNAs. DNA-Methylierung bezieht sich auf die Hinzufügung von Methylgruppen an Cytosin-Resten in CpG-Dinukleotid-Regionen, während Histone durch Acetylierung, Methylierung, Phosphorylierung und andere Modifikationen verändert werden können. Diese epigenetischen Modifikationen wirken zusammen, um die Chromatinstruktur zu modulieren und damit die Zugänglichkeit der DNA für die Transkriptionsmaschinerie zu beeinflussen.
Um bei der Analogie zu bleiben. Die Methylierungen beeinflussen die Lautstärkeregler und bei den Histonen handelt es sich um große Proteine, um die herum die DNA aufgewickelt ist. Am ehesten kann man sich das wie Lockenwickler vorstellen. Dadurch werden ganze Abschnitte entweder leichter oder schwerer erreichbar.
Was hat das Epigenom mit dem Alter zu tun?
Das Epigenom unterliegt im Laufe des Lebens Veränderungen, die als epigenetische Alterung bekannt sind. Forschungen haben gezeigt, dass epigenetische Veränderungen mit altersbedingten Krankheiten wie Krebs, Herzkrankheiten und neurodegenerativen Erkrankungen in Verbindung stehen können. Darüber hinaus können Umweltfaktoren wie Ernährung, Stress und Exposition gegenüber Toxinen epigenetische Veränderungen beeinflussen und damit den Alterungsprozess beschleunigen oder verlangsamen. Das epigenetische erklärt in Teilen auch den Unterschied zwischen der Gesundheitsspanne und der Lebensspanne.
Epigenom, Epigenetik und epigenetisches Alter – was ist der Unterschied?
Um ein wenig Licht ins Dunkle zu bringen, klären wir noch einmal die wichtigsten Begriffe. Das Epigenom bezieht sich auf die Gesamtheit der epigenetischen Markierungen in einer Zelle oder einem Organismus. Die Epigenetik ist die wissenschaftliche Disziplin, die sich mit der Erforschung dieser epigenetischen Mechanismen und Veränderungen befasst. Das epigenetische Alter ist eine Messgröße, die die epigenetischen Veränderungen im Laufe der Zeit quantifiziert und oft als Maß für den biologischen Alterungsprozess verwendet wird.
Wie kann man das Epigenom messen?
In der Wissenschaft gibt es verschiedene Methoden zur Messung des Epigenoms, die Analyse von DNA-Methylierungsmustern, wie sie der Nobelpreisträger Steve Horvath nutzt, um das biologische Alter zu messen. Mit Hilfe der Horvath Clock konnte er 353 Stellen auf der DNA identifizieren, die mit dem biologischen Alter korrelieren.
Für was werden Epigenom Messungen in der Wissenschaft eingesetzt?
Epigenomische Analysen haben breite Anwendungen in der Wissenschaft. Sie werden verwendet, um die molekularen Mechanismen von Krankheiten zu entschlüsseln, die Auswirkungen von Umweltfaktoren auf die Genexpression zu untersuchen, genetische und epigenetische Grundlagen von Entwicklung und Differenzierung zu erforschen und sogar forensische Analysen zur Identifizierung von Tätern oder genetischen Verwandtschaften durchzuführen. Die Erkenntnisse aus epigenomischen Studien tragen zur Entwicklung neuer Diagnose- und Therapieansätze für eine Vielzahl von Krankheiten bei und helfen, unser Verständnis von Gesundheit und Krankheit auf molekularer Ebene zu vertiefen.
Spannend ist zum Beispiel der Aspekt, dass gewisse epigenetische Muster vererbbar sind. Hierzu muss allerdings noch mehr geforscht werden.
Quellen
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