Fehler sind menschlich! Das geht unserem Körper nicht anders als uns selbst. Wenn dir ein Fehler passiert, kannst du dich entschuldigen und versuchen es wieder gut zu machen, bevor daraus ein Fiasko wird. Manchmal verbreitet es sich nämlich weiter und aus einer eigentlich kleinen Sache wird auf einmal ein großes Problem. Ähnlich ist es auch in unserem Körper. Wenn falsche Informationen oder fehlerhaft zusammengesetzte Moleküle nicht ständig kontrolliert und repariert werden, verbreiten sich diese im ganzen Körper und können so zu Krankheiten führen.
Schauen wir uns unterschiedliche Mechanismen der Fehlerkorrektur im Körper an.
Beschädigte Barrieren wieder aufbauen
Im letzten Artikel haben wir erklärt, weshalb intakte Barrieren so wichtig für die korrekte Funktion des Körpers sind. Sie schützen uns vor allen erdenklichen Gefahren und ermöglichen gleichzeitig, dass alle Prozesse ungestört voneinander in eigenen Räumen ablaufen. Auch an dieser Stelle können Fehler passieren, z.B. durch einen unvollständigen Aufbau der Barriere oder durch Brüche, aufgrund von externen Einflüssen. Wenn du dir beim Kochen mit einem scharfen Messer in den Finger schneidest, wird die Haut beschädigt. Vom ersten Hallmark of Health ist vielleicht noch irgendwo im Gedächtnis, dass die Haut die wichtige Funktion hat, uns vor äußeren Umwelteinflüssen wie Krankheitserregern zu schützen. Ist der Schnitt tief, dringen Bakterien oder Viren leichter in deine Blutbahn ein und du läufst Gefahr eine Blutvergiftung zu bekommen.
Um das zu verhindern, werden verschiedene Mechanismen gestartet. Zunächst blutest du, bis sich Gerinnungsfaktoren und Blutplättchen an der Wunde sammeln und so zum Stillen der Blutung beitragen. Parallel wandern Immunzellen zur Wunde, um eingedrungene Erreger direkt zu bekämpfen. Anschließend verschorft die Wunde und es bildet sich nach mehreren Tagen oder Wochen eine neue Hautschicht, die je nach Größe und Tiefe der Wunde als Narbe sichtbar bleibt. Damit ist die Hautbarriere wieder intakt!
Fremdkörper abkapseln
Sind Krankheitserreger in unseren Organismus eingedrungen, versucht der Körper die Pathogene abzukapseln, sodass sie keinen Schaden anrichten können. Aus verschiedenen Immunzellen, DNA und antibiotischen Proteinen wird so eine Art Netz geformt, das als Falle für die Pathogene dient. Ein Thrombus ist im Volksmund sehr treffend als Blutgerinnsel bekannt. Um Blutgefäße, z.B. nach einer Verletzung zu verschließen, bilden sich Thromben an der betroffenen Stelle. Sie können aber auch die Verbreitung von Erregern im Blutkreislauf effektiv verhindern. Allerdings bringen diese Blutgerinnsel auch ein hohes Risiko für Embolien (Verstopfungen der Blutgefäße) mit sich.
Sicherheitssystem Entzündung
Du kennst es sicherlich – eine gerötete Wunde, eine hitzende Schwellung, ein großer schmerzender Pickel. Was uns stört und einschränkt, rettet mitunter unser Leben. Entzündungen sind die natürliche Reaktion unseres Körpers auf Fremdkörper, wenn diese nicht rechtzeitig von anderen Mechanismen beseitigt werden können – eine Art Back-Up System also, wenn die direkte Abwehr versagt oder mehr Zeit benötigt. Entzündungen präsentieren sich typischerweise mit den fünf Kardinalsymptomen Schmerz, Schwellung, Wärme, Rötung und Funktionsverlust.
Die Rötung und die Schwellung werden durch eine höhere Durchblutung des betroffenen Gewebes ausgelöst. Wärme entsteht durch die erhöhte Stoffwechselaktivität und durch den Schmerz und den Funktionsverlust sind wir gezwungen, das betroffene Körperteil zu schonen. Diese Mechanismen sind auch insofern von Bedeutung, als der Körper damit die Entzündung lokal begrenzen und Überreaktionen vermeiden kann. Bei grippalen Infekten verteilen sich Erreger weitläufiger im Körper. In dem Fall reicht eine lokale Entzündungsreaktion nicht mehr aus und wir bekommen Fieber, fühlen uns schlapp und mitunter schwellen die Schleimhäute an.
Konnte das Immunsystem den Erreger überrennen oder ist die Wunde geheilt, klingt die Entzündung ab. Das ist wichtig, da eine dauerhafte Entzündung gesundes Gewebe nachhaltig beschädigt. Eine chronische niederschwellige Entzündung trägt maßgeblich zum Altern bei. In Fachkreisen ist der Prozess unter dem Begriff „Inflammaging“ bekannt.
Angeborenes und erworbenes Immunsystem
Kommen wir nun zum heiligen Gral unserer Gesundheit – dem Immunsystem. Zwar hat der Körper bereits viele ausgeklügelte Mechanismen, um uns zu schützen, doch das komplexeste und gleichzeitig klügste Programm ist das Immunsystem. Es wird in angeborenes und erworbenes System unterteilt. Wie der Name schon sagt, ist das angeborene Immunsystem seit unserer Geburt vorhanden, während das erworbene erst mit der Zeit und verschiedenen Infektionen besser wird. Zum angeborenen Immunsystem gehören auch Barrieren wie die Haut.
Komplex wird es dann, wenn Erreger weiter in den Körper vordringen. Dort werden sie bereits von einigen Zellen des angeborenen Systems, wie den Killer- und Fresszellen erwartet. Die Killerzellen erkennen anhand eines Proteinkomplexes an der Oberfläche jeder Zelle, ob diese zum eigenen Körper gehört oder nicht. Ist die Zelle fremden Ursprungs, aktivieren sie einen Mechanismus, durch den die unbekannte Zelle stirbt.
Ein starkes erworbenes Immunsystem kann nur durch „Training“ erreicht werden. Erkennt der Körper und das Immunsystem einmal Erreger als fremd, werden „Feind“-Informationen gespeichert. Bei der nächsten Infektion mit dem gleichen Erreger kann dann eine schnellere Reaktion durch das erworbene Immunsystem erfolgen. Infektionen sind damit das Fitnessstudio unserer Abwehr. Ein gutes Beispiel hierfür sind klassische Kinderkrankheiten wie Masern, Windpocken oder Keuchhusten. Wenn du als Kind bereits daran erkrankt bist, brauchst du dir in der Regel keine Sorgen mehr machen. Die meisten dieser Krankheiten sind für Kinder leichter verträglich, können aber für Erwachsene, insbesondere Schwangere, gefährlicher ausfallen.
Krebsüberwachungssystem
Krebs – dieser Begriff lässt viele vor Angst erstarren. Doch wusstest du, dass in unserem Körper jeden Tag krebsartige Zellen entstehen, welche ohne unser Immunsystem zu bösartigen Tumoren reifen würden? Die Krankheit Krebs kann auf viele verschiedene Arten ausgelöst werden. Allen gemeinsam ist aber die unkontrollierte Zellteilung, die dann zu Tumoren führt. Normalerweise teilen sich die Zellen in unserem Körper nur falls notwendig und nach bestimmten Rhythmen. Bei Tumoren kommt es aber zu abnormen unkontrolliertem Zellwachstum. Ein großes Problem dabei ist, dass beschädigte Zellen nicht wie üblich aussortiert werden. Sie teilen sich weiter, da die Kontrollmechanismen beschädigt sind. Durch diese Vermehrung ohne Kontrolle schleichen sich noch mehr Fehler in der genetischen Information oder den entsprechenden Mechanismen ein.
Gut, dass der ganze Körper und jede Zelle ständig von unserem Immunsystem überwacht wird. Fehler, die normalerweise also zur Tumorentwicklung führen könnten, werden frühzeitig von unserem Immunsystem erkannt und eliminiert. Nur wenn eine Mutation es gewissen Zellen ermöglicht, unter dem Radar des Immunsystems zu wachsen, teilen sich die Tumorzellen unkontrolliert weiter und öffnen der Bösartigkeit Tür und Tor.
Junger Körper, alte Zellen
Ein weiteres großes Thema ist die Seneszenz. Wir haben uns bereits in einem anderen Artikel ausführlicher damit beschäftigt, deshalb kommt hier nur die Kurzversion. Seneszenz bedeutet – nämlich ein Stillstand der Zellteilungen. Wenn sich Zellen bereits oft genug geteilt haben und die Endstücke der Chromosomen, auch bekannt als Telomere, verkürzt sind, werden Zellen seneszent. Es gibt allerdings auch noch andere Faktoren, die eine zelluläre Seneszenz auslösen können. Zum Beispiel Stoffwechselprodukte, die aus einem fehlerhaften Prozess entstehen. Diese Stoffwechselprodukte oder andere Gefahrenanzeiger lösen den Zustand der Seneszenz aus. Somit teilt sich die betroffene Zelle nicht weiter und die Fehler und Gefahren können nicht weitergetragen werden.
Sowohl die Seneszenz als auch der regelmäßig ausgelöste Zelltod sind Prozesse, welche wir uns weiter im nächsten Hallmark of Health anschauen werden. Dabei geht es nämlich um das Recycling von Zellbestandteilen, durch das unser System Körper immer „up to date“ gehalten werden kann.
Quellen
Literatur:
López-Otín, Carlos, and Guido Kroemer. “Hallmarks of health.”Cell184.1 (2021): 33-63.https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33340459/
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